Abschied nehmen
Freitag. Ich bin morgens wach geworden, Thomas war schon weg zur Arbeit. Hab gesehen dass mein Handy blinkt, eine Nachricht. Ach, kann nix wichtiges sein. Nochmal rumgedreht. Als ich wieder wach wurde ..jetzt will ich doch wissen wer da geschrieben hat. Ganz verschlafen und mit verschwommenen Augen, lese ich " Hallo Heike, ich muss dir leider mitteilen dass Birgit letzte Woche Freitag Opfer eines tötlichen Verkehrsunfalls wurde. Sie ist nicht mehr bei mir, unter uns. Wenn du wieder in der Nähe bist melde dich einfach mal."
Ich mach die Augen wieder zu und ...was.....ich lese es nochmal.... es ist immer noch nicht angekommen.... ich setze mich im Bett auf und lese es nochmal.... das kann doch nicht sein...Birgit meine Freundin...ich glaub das nicht....letzte Woche hab ich noch an sie gedacht und hatte ein schlechtes Gewissen weil ich mich so lange schon nicht mehr gemeldet habe....das kann doch nicht sein.....die Tränen lassen nicht lange auf sich warten... wieso denn sie...es wäre besser gewesen ich wäre gestorben... sie war doch gesund und so aktiv.....Ich konnte ihr nicht mal sagen, dass wir umgezogen sind. Ich stehe auf und geh ins Bad, ziehe mich an wie in Trance... das kann doch nicht sein....ich muss Dietmar anrufen....ich schenke mir eine Tasse Kaffee ein und wähle die Nummer. Es geht niemand dran. Ich nehme noch einen Schluck Kaffee dann klingelt mein Telefon. Es ist Dietmar. Ich konnte nicht viel reden bis mir die Stimme versagt hat und ich wieder geweint habe. Er dann auch ... Er hat mir dann erzählt, dass sie keine Schuld hatte an dem Unfall, ein Auto mit 3 Personen ist ihr auf ihrer Spur frontal ins Auto gefahren... 4 Tote. Ich dachte nur... komisch sie ist auch nicht gerne Auto gefahren vor allem abends nicht. Ich wollte nach dem Beerdigungstermin fragen aber er sagte sie sei bereits beerdigt. Ich habe gemerkt dass er nicht länger sprechen will und so haben wir das Gespräch ziemlich schnell wieder beendet. Ich habe dann im Internet nach der Todesanzeige gesucht und auch gefunden....es ist so traurig....Es ist als wenn ich neben mir stehe. Ich kann nichts essen und mich auf nix konzentrieren....ich bin sehr traurig und weine den ganzen Tag immer wieder. Es ist so endgültig.

Später am Tag hatte ich das Gefühl ich muss irgendwas tun um mich abzulenken. Ich hab angefangen einen gefüllten Hefezopf zu machen. Er wird mit selbstgemachten gebrannten Mandeln gemacht. Es war ziemlich viel Arbeit für mich und als ich angefangen habe die Mandeln zu hacken und meine Hände mir gezeigt haben wo meine Grenze ist und dass ich immer weniger Kraft habe in meinen Händen denke ich, nein ich muss jeden Tag von mir selbst Abschied nehmen. Jeden Tag ein Stückchen. Abschied von den normalen körperlichen Fähigkeiten. Ich habe schon von so vielen Dingen Abschied nehmen müssen. zBsp. das Tanzen. Ich hab es so geliebt mich zur Musik zu bewegen. Ich musste mich verabschieden von meinen Muskeln in den Beinen. Keine Spaziergänge, keine Shoppingtouren, kein Einkaufen....nix mehr. .....kein Leben mehr. Ich frage mich was nun besser ist. So zu sterben wie Birgit oder so in Raten zu sterben wie ich?