• neuer Versuch
Am 30.09.15 hatte ich einen Termin in der Uniklinik Kassel. Da ich ja immer noch keine genaue Diagnose habe hatte mir der Humangenetiker der Uniklinik Gießen empfohlen dort mal vorzusprechen um nochmals einen Facharzt auf meine Symptome schauen zu lassen um dann evtl. einen neuen Gentest anzugehen. Nach dem ich dann 2,5 Monate auf meinen Termin gewartet habe, bin ich wirklich mit gemischten Gefühlen dort hin gefahren. Zum einen weil ich immer mit Ängsten zu tun habe wenn es darum geht irgendwelche Untersuchungen an mir durchführen zu lassen und damit auch ein Stück ausgeliefert sein spüre und zum Anderen weil ich keine Hoffnung habe, dass es bei einer festgestellten Diagnose eine Behandlungsform gibt. Es ist für mich hauptsächlich eine Beruhigung deshalb, weil ich dann die unbewussten immer wieder zum Vorschein kommenden Gedanken, dass es vielleicht doch keine Muskeldystrophie ist, vielleicht dann abhaken kann und auch weil meine Tochter sich dann testen lassen kann.
Nachdem also eine Studentin damit begonnen hat den Familienstammbaum aufzuschreiben mit allen Geburtsdaten, Namen und evtl. in Frage kommenden Kranken kam dann der Prof.um mich zu untersuchen. Er hat mich übrigens auch gefilmt. Wie ich gehe, spreche und mich bewegen kann. Dann meinte er ob ich Venen hätte... da war mich schon klar er will mein Blut. 6 Röhrchen hat er mir abgezapft und das nicht mit einem Butterfly sondern mit einer Nadel. Dann wurde noch ein EMG gemacht. Dabei wird eine Nadel in den Muskel gestochen und dann sieht man auf einem Monitor ähnlich wie beim EKG solche Zacken. Der junge Arzt der das gemacht hat war wahrscheinlich auch noch ein Student. Zumindest sehr jung. Aber egal. Es wurde 4 mal in den Unterschenkel Muskel gestochen und 5 mal in den Oberschenkel. Ich glaube er hat bestimmt 20 Bilder gemacht und meinte nebenbei.. da stimmt ja einiges nicht bei Ihnen...Ob ich denn schon eine Diagnose hätte. Ich habe einfach nicht darauf geantwortet, er war so damit beschäftigt diese Bilder zu erstellen, dass er auch gar nicht wirklich auf eine Antwort gewartet hatte. Er rief dann den Professor, dass er sich das auch unbedingt anschauen solle. Der kam auch dann und sagte da sollten wir doch auch noch gleich eine, ich habe mir den Namen nicht gemerkt Untersuchung machen. Die 2 haben dann in Fachchinesisch gesprochen was ich wirklich nicht kapiert habe aber ich habe schon geahnt, dass es nicht angenehm sein wird. War es auch nicht. Diesmal musste der Muskel dran glauben, der vom Hals zur Schulter geht. Es wurden 3x8 Stromschläge ausgeführt in unterschiedlichen Stromstärken. Da konnt ich leider nicht mehr anders und die Tränen liefen. Er hat dann gemeint, dass es ihm leid tut, dass ich gerade die zwei unangenehmen Untersuchungen hinter mich bringen muss. Ich hab dann nur gesagt, dass ich weiß dass er nur seinen Job macht. Als das vorbei war musste ich dann erneut zum Prof. und er hat mir dann gesagt, dass er noch einen Verdacht ausschließen möchte und mich deshalb auf Fazio-skapulo-humerale Muskeldystrophie testen möchte, weil ja meine Gesichtsmuskeln auch betroffen sind. Dies wäre eine sehr häufig vorkommende Muskeldystrophie. Wenn es die nicht ist, wird er eine sogenannte Panel Diagnostik machen. Das bedeutet, dass ganz viele Gene gleichzeitig getestet werden. Das Ergebnis erfahre ich in ca. einem halben Jahr. Er vermutet, dass ich etwas ganz seltenes habe. Das ist kein Trost. Ich war fix und fertig als ich heimgefahren bin. Ich war froh, dass Thomas mit gefahren ist und ich so auch meinen Rollstuhl benutzen konnte. Es sind für mich doch weite Wege innerhalb des Krankenhauses gewesen. Ich merke deutlich dass meine Muskeln schwächer werden. Ich versuche ständig mit meinen Ängsten klar zukommen, was mir nicht wirklich gelingt. Der ganz normale Alltag fällt mir schwer. Z.Bsp. merke ich mittlerweile, dass ich Mühe habe mich an und auszuziehen. Meine Arme und meine Finger werden immer schwächer, sodaß ich nur schwer Oberteile über den Kopf ziehen kann und auch z.Bsp. die Strümpfe an ziehen geht nur sehr mühsam. Ich brauche auch viel länger dafür und es strengt mich sehr an. Wenn ich also merke dass es schlechter wird, versuche ich die Gedanken an Pflege und anhängig sein von jemandem die automatisch dann kommen ganz schnell zur Seite zu schieben und mich auf das zu konzentrieren was ich halt noch kann. Ich kann nur sagen, dass ist mehrmals täglich ein innerer Kampf, den ich mit mir selbst führe. Ich habe auch das Gefühl das niemandem wirklich erklären zu können. Ich kann einfach nicht den Alltag einfach so leben. Es geht nicht. Ich versuche es aber es geht nicht. Immer wenn ich an meine Grenzen komme, kommen alle schrecklichen Gedanken hoch und dann bin ich so verzweifelt und auch manchmal wütend weil ich nicht verstehe warum ich diesen Scheiß durchmachen muss. Ich konnte mir früher nicht vorstellen, dass einfach gesund sein schon das größte Glück sein kann.