Versorgung mit Hilfsmitteln
Ich habe festgestellt, dass vor allem Menschen in meinem familiären Umfeld nicht gut damit umgehen können wenn ich davon rede mit Hilfsmitteln versorgt zu werden. Dies möchte ich deshalb wirklich mal näher erläutern. Es ist seit Jahren so, dass ich nicht mehr weit gehen kann. Was bedeutet nicht mehr weit? Also für mich ist eine Entfernung von 100 m so ziemlich die Grenze von dem was ich schaffe. Das heißt diese Strecke, wenn sie ebenerdig ist kann ich mit Mühe und entsprechendem Erschöpfungsgefühl schaffen. Danach muss ich eine Pause machen, mich hinsetzen und ausruhen. Es ist für mich kein gutes Gefühl zu gehen. Es strengt mich an. Ich bin unsicher auf den Beinen. Muss mich darauf konzentrieren und aufpassen dass ich nicht wegen einer Unebenheit stolpere, denn das bedeutet für mich, dass ich falle. Auffangen kann mich mein Körper nicht mehr. Dieser Zustand hat für mich in vielerlei Hinsicht Folgen. Ich kann keinen Einkaufsbummel machen, auch nicht mit meiner Tochter, was ich wirklich gerne mal wieder tun würde. Ich kann nicht spazieren gehen, mich nicht an der frischen Luft bewegen. Ich kann mich an keinerlei Freizeitaktivitäten wie Wandern, Besuche von Festen aller Art, Besichtigungen aller möglichen Dinge beteiligen. Ich kann meine Hausarbeit nicht mehr erledigen. Ich kann nicht mal eben mit einer Arbeitskollegin in die Stadt laufen. Ich könnte nicht am Strand spazieren gehen. Ich kann in keiner normalen Sportgruppe mit machen, somit auch keine Leute kennenlernen. Es bedeutet eine Lebensqualität auf Sparflamme zu haben. Und das auf Dauer.
Als ich das erste Mal den Wunsch geäußert habe einen Elektrorollstuhl zu bekommen bin ich wirklich auf Unverständnis von allen Seiten gestoßen. Selbst Thomas mein Mann, der das jeden Tag miterlebt konnte mich da nicht verstehen. Das macht die Sache, die eh schon schlimm genug für mich zu ertragen ist noch schlimmer, denn es wurden Vermutungen ausgesprochen, Ängste, ich würde mich dann hängen lassen und nicht mehr aus dem Rollstuhl kommen. Mir keine Mühe mehr geben weil es eben dann in einem Rolli einfacher ist als selbst zu gehen.
Von anderer Seite kam.. Ich wäre noch nicht so weit mich in einen Rollstuhl setzten zu müssen usw. … Vielleicht ist es auch ein bißchen Schamgefühl, dass man nach Außen den Bekannten usw., plötzlich sichtbar, erklären muss dass ich krank bin? Keine Ahnung warum Menschen die gesund sind glauben, sich überhaupt ein Urteil darüber erlauben zu können.
Es ist verdammt noch mal mein Leben. Und wenn ich soweit bin dass ich nur noch zu Hause in den 4 Wänden sitze und mit dem Auto in die Arbeit fahre, und das alles ist was ich noch von der Welt zu sehen bekomme, finde ich es ein Frechheit wenn jemand meint mir sagen zu wollen was gut für mich ist.…. Das wäre genauso als würde ich jemandem, der nicht gut sehen kann, sagen er braucht noch keine Brille er sieht ja noch was. Der E-Rolli bedeutet für mich, wieder beweglich zu sein. Mal an die frische Luft zu kommen. Mal kleine Gäßchen in einer Stadt sehen zu können ohne mit dem Auto unterwegs zu sein. Mal ein Fest zu besuchen. …Ist das so schwer zu verstehen für jemanden der gesund ist? Ich würde viel lieber versuchen zu laufen als mich um einen Rolli zu kümmern. Es ist nur ein Hilfsmittel und bedeutet nicht dass ich nicht mehr gehen will. Ich fühle gerade wieder wie frustrierend das ist überhaupt das zu erklären. Ich fühle mich unverstanden.
Ich bekomme bald meinen Rolli und freue mich schon auf die erste Tour hier über den Katzberg. Ich habe außerdem bereits einen Badewannenlifter. Ich weiß in der Gesellschaft ist es immernoch verpöhnt über solche Sachen zu sprechen. Wenn ich allerdings fast nicht mehr oder nur sehr mühsam aus der Badewanne komme und es wirklich auch gefährlich ist wegen Ausrutschgefahr und ich nicht auf´s Baden verzichten möchte, ist dies für mich die einfachste Alternative. Ich werde mir auch noch einen Rollator zulegen für kleinere Strecken. Wie gesagt, es sind nur Hilfsmittel und ich erhoffe mir dadurch wieder mehr am Leben teilnehmen zu können.